Wer mit einem für Wildwasser gemachtem Kajak versucht, auf einem ruhigen See Strecke zu machen, wird schnell an die Grenzen seiner Frustrationstoleranz stoßen. Wildwasserkajaks sind einfach nicht für den optimalen Geradeauslauf geschaffen. Auch wir standen vor diesem Problem. Und wir haben eine unkonventionelle, aber einfache Lösung gefunden: eine Finne.
Die Problematik mit dem Geradeauslauf
Malte und ich sind Kanu-Amateure. Wir haben uns irgendwann unsere eigenen Kajaks gekauft, um spontan kajaken zu können, ohne auf einen Kanuverleih angewiesen zu sein. Beim Kauf sind wir zugegebenermaßen recht laienhaft vorgegangen. Zum einen sollten die Boote günstig sein, da man als Anfänger ja erstmal nicht so viel investieren möchte. Zum anderen sollten die Boote nicht länger als 3 Meter sein, zwecks Tragbarkeit und einfachem Transport auf dem Auto. Nachdem wir leihweise einmal mit GFK-Kajaks gefahren waren, haben wir uns außerdem für Kajaks aus Polyethylen entschieden, da mir ihre Robustheit mehr zusprach. Auf was wir beim Kauf nicht so sehr geachtet haben war, wie gut man damit geradeaus fahren kann.
Wir erstanden also günstig zwei gebrauchte, alte Kajaks, die unseren Ansprüchen entsprachen. Beim Kauf sagte man uns, es handle sich um „wendige“ Kajaks für „leichtes Wildwasser“. Das erschien mir sinnvoll. Ich komme mir ohnehin in unserer Wohngegend manchmal vor wie die Jamaikaner, die eine Bobmannschaft gründen wollten. Auch wenn rund um uns herum Flüsse sind, eignen sich die wenigsten zum Kajak fahren, da der Wasserstand im Sommer zu niedrig ist und sich im Winter mein Bedürfnis nach „dem kühlen Nass“ in Grenzen hält. Folglich muss man hier die Gewässer nehmen, die man finden kann – umso besser also, wenn man ein Allround-Kajak hat, mit dem man sowohl zum See als auch zum nächsten Fluss fahren kann.
Kaum hatten wir unsere Kajaks erstanden, mussten wir sie natürlich ausprobieren. Es bot sich die nächstgelegene Talsperre an… und die Enttäuschung war groß. Wir haben uns um die Wette im Kreis gedreht und sind trotz der unlängst erlernten Grund- und Bogenschläge kaum von der Stelle gekommen. Anfänger mit Mietkajaks zogen lässig an uns vorbei.
Das Kajakfahren mit Finne
Und dann kam Malte die Idee mit der Finne. Er bestellte eine aufklebbare Finne im Internet und befestigte sie an seinem Kajak. Beim nächsten Versuch, Kajak zu fahren, schnitt er in puncto Geradeauslauf im wahrsten Sinne um Längen besser ab als ich mit meinem unpräparierten Boot. Schnell kaufte ich für mein Kajak auch eine Bauchflosse. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Profikanut bei unserer Erfindung mit den Augen rollen würde, aber ich finde es für uns eine tolle Lösung.
In der Tat haben wir jetzt handliche Transformer-Boote, die man sowohl als Wildwasser- als auch als Tourenkajaks einsetzen kann. Denn die Finnen kann man je nach Bedarf einfach abnehmen: Die Halterung ist fest auf dem Kajak angebracht, die Finne selbst kann man aus dieser Halterung herausschieben.
Kleiner Wehrmutstropfen: Beim Losfahren und Anlegen muss man jetzt immer daran denken, dass man eine fragile Flosse unterm Heck hat – SUP-Fahrer und Surfer kennen das – und sollte damit möglichst nicht über den Boden schrammen, da sie sonst brechen oder verbiegen würde. Bislang haben wir das aber unfallfrei hinbekommen, folglich habe ich noch keine Erfahrungswerte, wie empfindlich das Konstrukt wirklich ist.
Ach ja, und ich muss mir meistens einen harten Gegenstand nehmen (Steinchen, Schlüssel…), um den kleinen Keil zu lösen, der die Flosse in der Halterung hält. Mit bloßen Händen bekomme ich das nicht so leicht hin. Aber auch das hat letzten Endes noch immer funktioniert.
Anbringung der Finne am Kajak
Wie gesagt besteht die Finne aus zwei Teilen: der eigentlichen Finne und der Halterung. Die Halterung muss auf einer möglichst geraden Fläche unter dem hinteren Teil des Kajaks angebracht werden, um mit wenig Kleber auszukommen.
Vorm Anbringen der Halterung sollte das Kajak an der Klebestelle gut gereinigt werden. Dies geht am besten mit Alkohol oder Verdünnung. Zur besseren Haftung kann man das Boot auch mit Schleifpapier etwas anrauen.
Als Klebstoff haben wir „Klebt + Dichtet“ von Würth verwendet. Wir haben den Klebstoff großzügig auf das Kajak aufgetragen und die Finnenhalterung angedrückt. Herausquellenden Klebstoff haben wir ein wenig beigezogen und anschließend die Halterung mit Gewebeklebeband um das Kajak herum fixiert, bis der Klebstoff gehärtet ist. Je nach Schichtstärke kann das ein paar Tage dauern.
Wer’s nachmachen möchte, findet hier die Links* zu den verwendeten Materialien:
Mein Lesetipp:
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Bernhard
Hallo,
Danke für die Tips. Da ich das gleiche Problem habe, besorgte ich mir die emfohlene Finne und den Klebstoff „Sikaflex 292i Marine- Konstruktionsklebstoff 300 ml weiß“. Er wird ja als Bombenfest gelobt. Trotz abschleifen der Kelbeflächen, Raumtemperatur 15-20°C und ca. 2 Wochen Aushärtung konnte ich die Einzelteile nach ca. 3 Wochen mühelos voneinander trennen/abziehen. Das war wohl nix.
Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht, wißt Ihr einen Rat…???
Danke und Gruß
Rieke
Hallo Bernhard!
Das ist ja schade, dass die Finne nicht gehalten hat! Wundert mich, denn bei unseren beiden Booten hat es wunderbar funktioniert und ich hab auch schon hier und da unbeschadet den Uferboden mit der Finne durchfurcht. Vielleicht hast Du ein anderes Bootsmaterial als wir? Aber eigentlich ist der Klebstoff ja für genau solche Dinge gemacht. Die Anbringung haben wir ähnlich gemacht wie Du. Wir haben die Finne noch mit Gurt und Klebeband fixiert beim Aushärten des Klebers. Tut mir Leid, dass ich nicht mehr dazu sagen kann. Drücke die Daumen, dass Du es noch irgendwie hinbekommst!
Rieke
KanuManu
Hallo,
ich bin ein Anfänger in der Kanusport, und bin auf euere tolle Idee gestoßen. Herzlichen Dank, dass hat bei mir auch den Frust gebrochen. Die meiste Wildwasserkanus haben ein ansteigendes Heck, so dass man da problemlos ein Halterung anbringen kann ohne groß die Gefahr zu laufen dran hängen zu bleiben.
Das Kleben von PE und PP ist aber eine Herausforderung. Diese Werkstoffe werden Polyolefinen genannt. Das Kleben dieser Werkstoffe geht meiner Meinung nach nur gut mit einem Primer. Der Primer ändert die Oberfläche von PE damit der Sekundenkleber hält. Gut wäre z.B. die Kombination Loctite 770-primer und Loctite Sekundenkleber 406, aber der Set kostet 50 Tacken. Alternativ dazu wäre das Polyolefin Set bestehend aus 20 g Sekundenkleber MAMMUT® 260.1 und 10 g Polyolefin Primer. Das kann bei der SilijonFabrik für 25 Euronen erwoben werden.
Jens
Schön wäre mal ein Update wie zufrieden ihr noch seid 🙂
Rieke
Fänd ich auch interessant zu hören, KanuManu!
Ich für meinen Teil kann berichten, dass ich in letzter Zeit nicht mehr mit Finne fahre. Zum einen, da ich so gut wie nur noch auf Flüssen/Wildwasser fahre und zum anderen, da ich die Paddeltechnik inzwischen gelernt habe und die Helferlein nicht mehr unbedingt brauche – ähnlich wie man Stützräder am Fahrrad irgendwann nicht mehr benötigt, wenn man das Gefühl fürs Rad entwickelt hat. Für Gäste, die das erste Mal fahren, krame ich die Finne auch ab und an wieder raus.
Markus
Hi, vielen Dank für den Tipp! Gebraucht hatte ich mir ebenfalls kürzlich ein Wildwasserkajak gekauft, weil es billig war (gebraucht 85 Euro) und sehr kurz damit es in meinen Kellerraum passt. Die Gewässer auf denen ich fahre, direkt vor meiner Haustür, (in Kopenhagen) sind definitiv kein Wildwasser. Aber ich dachte mir, es wird schon gehen. War total genervt, dass man damit überhaupt nicht geradeaus fahren kann und derweil zogen die Seekajaks elegant durch die Wellen. Dann sah ich euren Tipp. Ich habe allerdings ganz ganz kurze Schrauben und Mehrkomponenten-Kleber verwendet. Die Schrauben durchstoßen natürlich nicht die Hülle! Klar danach kann man das Boot schwerlich wieder verkaufen aber bei 85 Euro war mir das egal.
Und man war das ein Unterschied beim Fahren! Das es soviel bringt hätte ich nie gedacht. Grüße Markus
Rieke
Hallo Markus, vielen Dank für die Rückmeldung! Freut mich, dass es so gut klappt.
Viele Grüße nach Kopenhagen!